Koalitionsverhandlungen mit CDU aufgenommen

Mit dem grünen Rekordergebnis von 18,2% bei der Landtagswahl in NRW, haben wir Grüne unter Führung von unserer Spitzenkandidatin Mona Neubauer, erste Sondierungen mit der CDU über eine Koalitionsregierung geführt. Die Ergebnisse hat jetzt der Landesparteirat zum Anlass genommen die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zu empfehlen. Ich habe als Delegierter zugestimmt.

Einstimmige Zustimmung für Koalitionsverhandlungen mit der CDU, bei sieben Enthaltungen, auf dem Landesparteirat in Essen.

Die Sondierungen haben ergeben, dass ein erster Konsens gefunden wurde, darüber dass unser Land derzeit mit einer Gleichzeitigkeit von Krisen konfrontiert ist. Deren Bewältigung neue Antworten und neue Bündnisse erfordert.

Die Klima- und Artenkrise verschärft sich zusehends. Wir müssen jetzt konsequent gegensteuern um die Folgen kontrollieren zu können. Die Corona-Pandemie und der Ukrainekrieg, zeigen auf, dass wir weiterhin noch mehr Kräften ausgesetzt sind, die unterstreichen, dass wir eine ab sofort viel nachhaltigere und damit strategisch von fossiler Energie unabhängigere Politik benötigen. Die Sondierungen waren getragen vom Verständnis, dass diese Krisen miteinander verwoben wirken und jetzt gemeinsames Handeln erfordern.

Zentral ist daher der Konsens, dass nur ein klimaneutrales NRW, ein modernes Industrieland, ein soziales und sicheres Land ist, welches auch in Zukunft eine lebenswerte Heimat in Stadt und auf dem Land bietet. Das Sondierungspapier erklärt „In der Versöhnung von vermeintlichen Gegensätzen liegt die Kraft für unsere Zukunft.“

Gespräch mit Spitzenkandidatin und Verhandlungsführerin Mona Neubaur bei einer Wahlkampfveranstaltung in Gütersloh

Einige konkrete Ankündigungen und Absichten, die eine gemeinsame Koalitionsvereinbarung enthalten soll wurden bereits in den Sondierungen festgelegt. Mein persönlich zusammengestellter Auszug daraus:

  • „Wir streben an, so schnell wie möglich, entlang des 1,5 Grad-Ziels die Klimaneutralität mit Netto-Null-Emission in Nordrhein-Westfalen zu erreichen.“
  • Der Ausbau von Erneuerbaren Energien ist von überragendem öffentlichem Interesse
    • Genehmigungsverfahren müssen deutlich schneller werden
    • mindestens 1.000 zusätzliche Windkraftanlagen in unserem Land
      • weiteren Ausbau eine akzeptanzsteigernde und zugleich konfliktreduzierende Genehmigung von Windenergieanlagen. Die Rechtsprechung bestätigt regelmäßig einen Mindestabstand von lediglich der dreifachen Höhe einer Anlage zu Siedlungsbereichen.
    • beste Vorrausetzungen schaffen für sämtliche für Photovoltaik geeignete Flächen
    • Masterplans für vorhandenen Potenziale der Geothermie und eine Wärmepumpenoffensive in Verbindung mit kommunaler Wärmeplanung
    • sogenanntes Repowering von Windenergieanlangen erleichtern
    • Monitoring des Ausbaus der Erneuerbaren Energien
  • Gute Arbeitsplätze und soziale Sicherheit in Zeiten des Umbruchs, Demokratie stärken
    • Handwerk, Mittelstand und Ausbildungen stärken
    • Empfehlungen der Stabstelle „Rechtsextremistische Tendenzen in der Polizei NRW“ umsetzen und weiterentwickeln
    • Stelle einer/eines unabhängigen Polizeibeauftragten beim Landtag einrichten
    • Erinnerungen an die Opfer des Juli Hochwassers 2021 wachhalten
    • Kreise und kreisfreien Städten erstellen zukünftig Katastrophenschutzbedarfspläne
    • Das aktive Wahlrecht ab 16 Jahren auf Landesebene wollen wir einführen
    • Transparente Politik ist ein zentraler Aspekt einer demokratischen Gesellschaft. Dafür möchten wir mit einem Lobbyregister beim Landtag und mit einem handhabbaren und unbürokratischen legislativen Fußabdruck zur Transparenz im Gesetzgebungsprozess sorgen
  • Der öffentliche Verkehr, der Schienenverkehr und der Radverkehr sind das Rückgrat der zukünftigen nachhaltigen und vernetzten Mobilität.
    • Flächendeckende Mobilitätsgarantie
    • Radverkehr am Modal Split auf 25% erhöhen
    • mindestens genauso viele Mittel für den Neu- und Ausbau von Radwegen zur Verfügung stellen wie für den Neu- und Ausbau von Landesstraßen
    • Sanierung hat Vorrang vor Neubau
    • mehr Güterverkehr von der Straße auf Schiene und Wasserstraße verlagern
    • schnellsten Planungs- und Genehmigungsverfahren – z.B. Senkung von Genehmigungshürden für die Reaktivierung und Elektrifizierung von Bahnstrecken
Teile der Grünen Delegation aus OWL auf dem Landesparteirat in Essen
  • Umweltschutz konsequent umsetzen, Landwirtschaft bewahren
    • Maßnahmen aus der Volksinitiative Artenvielfalt aufgreifen
    • Flächenverbrauch zeitnah auf 5 Hektar pro Tag und perspektivisch auch weitergehend durch konkrete Maßnahmen reduzieren
    • flächenschonendes Bauen, die Nutzbarhaltung vorhandener Industrie- und Gewerbeflächen und Flächenrecycling
    • von den Folgen der Klimakrise betroffenen Wälder wollen wir naturnah und klimaresilient entwickeln und erhalten
    • ein konsequentes, wissenschaftlich fundiertes Rohstoffmonitoring („Rohstoffbarometer“) soll der Verbrauch von Kiesen und Sanden transparent gemacht und auf den notwendigen Bedarf zurückgeführt werden
    • die Landwirtschaft wollen wir bei der Erzeugung und der regionalen Vermarktung ökologischer und gentechnikfreier Lebensmittel (z.B. durch ein Kantinenprogramm) stärken
      • Die Landwirtinnen und Landwirte sollen Beteiligte unserer Politik sein
    • Empfehlungen der Enquetekommission „Gesundes Essen. Gesunde Umwelt. Gesunde Betriebe“ sollen umgesetzt werden; dabei sind die Reduktion von chemischen Pflanzenschutzmitteln und die Steigerung des Tierwohls zentrale Aspekte
  • Arbeitsmarkt, Gesundheit und Pflege, Familie, Kommunen
    • Wir stärken die Rahmenbedingungen für die berufliche Ausbildung und bauen Hemmnisse für die Aufnahme einer Ausbildung ab. Wir werden zudem das Programm „Kein Abschluss ohne Anschluss“ (KAoA) weiterentwickeln
    • Wir wollen bei der öffentlichen Vergabe tarifgebundene Firmen bevorzugen
    • Wir finden uns mit Obdachlosigkeit nicht ab. Wir werden die Kümmererprojekte sowie die Partnerschaft mit den Wohnungsunternehmen ausbauen und den Housing-First-Ansatz ausweiten
    • In der Pflege ist die begrenzende Ressource nicht das Geld, sondern das Personal. Wir wollen die Pflege deshalb neu denken und Strukturen auf den Prüfstand stellen. Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf wollen wir erleichtern
    • Wir stellen eine gute und wohnortnahe medizinische Versorgung für alle Menschen sicher – egal ob in der Stadt oder im ländlichen Raum
    • Wir werden die Landarztquote ausbauen
    • Das Thema Frauengesundheit wird in Zukunft stärker berücksichtigt
    • Gerade im ländlichen Raum stärken wir Kooperationen und sichern die medizinische Versorgung im Rahmen von „Gesundheitsregionen“
    • Hebammen-geführte Kreißsäle werden wir weiter fördern und reproduktive Gesundheit stärken
    • Psychische Gesundheit ist für uns integraler Bestandteil einer ganzheitlichen Gesundheitsversorgung
    • Wir schmieden gemeinsam mit Kommunen und freien Trägern einen „Pakt gegen Kinderarmut“, der ressortübergreifend bestehende Programme berücksichtigt, um zielgenau Angebote für Kinder und Familien
    • Die bestehenden Hilfsangebote für gewaltbetroffene Frauen bauen wir unter Beteiligung der Frauenhilfeinfrastruktur bedarfsgerecht aus, z.B. bezüglich der Zahl der Kinderschutzplätze und der Zugänglichkeit für Frauen mit Behinderung
      • Auf Grundlage der Istanbul-Konvention wollen wir Schutzlücken identifizieren und schließen
    • Die Unterstützung für von Gewalt betroffenen Männer werden wir weiter ausbauen
    • Zum weiteren Schutz von Kindern schaffen wir eine oder einen Beauftragten für die Belange von Kinderrechten
    • Wir stärken auch das queere Leben in Nordrhein-Westfalen und entwickeln den Aktionsplan für Vielfalt und gegen Homo- und Transphobie weiter
    • Wir setzen uns dafür ein, dass alle Menschen in Nordrhein-Westfalen diskriminierungsfrei leben können. Als Spiegelbild unserer Gesellschaft wollen wir den öffentlichen Dienst stärker interkulturell öffnen
    • Eine demokratische Gesellschaft braucht eine vielfältige Medienlandschaft mit einem starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk und reichweitenstarken Privatfunk und einer unabhängigen Presse. Dazu tragen Lokalmedien im ganzen Land bei, ihren Erhalt wollen wir unterstützen. Der gesellschaftliche Schaden von Desinformation und Verschwörungsmythen ist immens. Daher wollen wir die Medien- und Nachrichtenkompetenz aller Menschen in Nordrhein-Westfalen steigern
    • Um alle Kommunen handlungsfähig zu machen, wollen wir noch in diesem Jahr gemeinsam mit dem Bund eine Lösung für den Abbau der kommunalen Altschulden vereinbaren
    • Wir werden sicherstellen, dass die Kommunen für die Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben angemessen ausgestattet sind. Die kommunalen Haushalte haben unter der Corona-Pandemie stark gelitten
  • Bauen und Wohnen, Finanzen
    • Die Zukunft des Wohnens in Nordrhein-Westfalen ist bezahlbar, ökologisch und sozial. Um dieses Ziel zu erreichen, setzen wir sowohl auf die öffentliche Wohnraumförderung als auch auf die Förderung des Eigentumserwerbs. Wir richten diese Förderung auf mehr mietpreisgebundenen Wohnraum und innovatives Eigentum wie beispielsweise „Jung kauft Alt“ aus. Darüber hinaus wollen wir die Gründung von kommunalen Wohnungsbaugesellschaften und (Bau-)Genossenschaften unterstützen
    • Siedlungs- und Mobilitätsentwicklung wollen wir zusammen denken, die Quartiersentwicklung stärken. Im Wohnungsbau wollen wir die Genehmigungsverfahren beschleunigen
    • Die Innenstadtentwicklung soll grundsätzlich strategischer und auf längere Zeithorizonte ausgerichtet werden
    • Generationengerechte Politik zeigt sich auch in einer nachhaltigen Haushalts- und Finanzpolitik, die die Schuldenbremse einhält und gleichzeitig konsequent und nachhaltig u.a. in Bildung, Infrastruktur, sozialen Zusammenhalt, Klimaschutz und Klimafolgenanpassung investiert. Wir wollen unseren Kindern weder marode Haushalte noch marode Infrastruktur hinterlassen
      • Spielräume im Haushalt priorisieren wir konsequent zur Erfüllung der Zukunftsaufgaben